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Wer hat den Wasserkocher erfunden? – Die Geschichte der elektrischen Wasserkessel

Historische Wasserkocher

Wie aus Teekesseln elektrische Wasserkocher wurden

Mit dem Zeitalter der Elektrizität kam es auch bei der Zubereitung von heißem Wasser zu einem Umbruch. Die Erfindung des elektrischen Wasserkochers kann jedoch nicht einer einzelnen Person zugeschrieben werden. Vielmehr gab es über eine Zeitspanne von 40 Jahren mehrere Entwicklungsschritte, bis die ersten Wasserkocher zu kaufen waren.

Simpson patentiert 1859 elektrische Einrichtung zur Erwärmung von Wasser

Pionierarbeit im Bereich des elektrischen (Wasser)kochens wurde in den USA geleistet. So nennt die Zeitschrift „Elektrotechnik und Maschinenbau“ des Elektrotechnischen Vereins Wien in ihrer Ausgabe vom 25. Juni 1933 die im Jahr 1859 patentierten elektrischen Einrichtungen zur Erwärmung von Wasser und Nahrungsmitteln von George B. Simpson aus Washington als frühe Anwendungen der Elektrowärme. 1882 sei auf der Electricitäts-Ausstellung in München die Erwärmung von Wasser in einem Glas mittels hineingehängter Heizspirale vorgeführt worden, was die damalige Fachwelt zunächst nur am Rande interessiert habe.

Erfinder-Wettstreit um den ersten Wasserkocher

Zu Beginn der 1890er Jahre entbrannte dann ein regelrechter Innovations-Wettlauf rund ums elektrische Kochen. Wenngleich offen war, ob es je einen Markt für elektrische Wasserkocher geben würde, positionierten sich kreative Köpfe und Elektrizitätsunternehmen weltweit mit ihren Erfindungen zur Elektrowärme. So kommt es, dass bis heute unklar ist, wer den ersten Wasserkocher erfunden hat. Stattdessen wurden im Laufe der Jahre in den einzelnen Ländern jeweils Wasserkocher ansässiger Unternehmen zu Ikonen moderner Haushalte. Wasserkocher, so scheint es, wurden im Laufe der Jahrzehnte nicht nur zu einem gebräuchlichen Küchengerät, sondern in einigen Ländern auch zu einem Symbol nationaler Identität. Wohl auch aus diesem Grund, haben sie bis heute ihren festen Platz in den Küchen der Welt und in den Herzen der Menschen.

Stromanschluss eines historischen Wasserkochers
Die ersten Wasserkocher hatten einfache Steckkontakte, die über Kabel auch mit Lampenfassungen verbunden werden konnten.

GEC Wasserkocher aus 1890 heizt 22 Jahre lang 1x täglich ohne Reparatur

Wie erbittert der Kampf um den Titel des weltweit ersten Wasserkochers geführt wird, zeigt eine Veröffentlichung in der englischen Zeitschrift „The Electrical Review“. So ist in der Ausgabe vom 6. Dezember 1912 zu lesen, dass ein elektrischer Wasserkocher der General Electric Company (GEC) 22 Jahre lang täglich in Betrieb gewesen sei, bevor die erste Reparatur fällig wurde. Der Wasserkocher sei im März 1890 in einer GEC-Vertretung in London verkauft worden. Damit würde der Wasserkocher von GEC die bis dahin erstplatzierten elektrischen Tee- und Kaffeekannen der Carpenter Electric Heating Company aus dem Jahr 1891 vom Thron stoßen. Näher belegt sind die Angaben jedoch nicht, was zumindest gewisse Spekulationen über den Wahrheitsgehalt der Aussage zulässt.

Carpenter Electric Heating bringt 1891 (nachweislich) den ersten marktreifen Wasserkocher auf den Markt

Belegt ist hingegen, dass die Carpenter Electric Heating Company, Chicago, im Jahr 1890 einen Elektrischen Heizapparat patentieren ließ (US Pat Nr. 429559) und ab Sommer 1891 einen elektrischen Wasserkocher mit emailliertem Heizdraht präsentierte. Noch im gleichen Jahr brachte Carpenter erste elektrische Tee- und Kaffeekocher auf den Markt, die über ein separates Heizfach verfügten. Insofern ist es gerechtfertigt, dass Carpenter Electric Heating als erster Hersteller marktreifer Wasserkocher genannt wird.

Patentanmeldung Elektrischer Heizapparat
Carpenter Electric ließ 1890 einen elektrischen Heizapparat patentieren. Bald darauf brachte das amerikanische Unternehmen erste elektrische Wasserkocher auf den Markt.
Quelle:
C.E. Carpenter (1890) Electric Heating Apparatus (US 429559), United States Patent Office,
https://worldwide.espacenet.com/patent/search/family/ 002498467/publication/US429559A?q=Carpenter%20Electric%201890

London wird zum ersten Testmarkt für elektrische Wasserkocher

Nur wenig später, nämlich im Jahr 1892, zeigte Crompton & Co., London, seinen ersten elektrischen Wasserkocher, der nach einem vergleichbaren Prinzip wie der Carpenter Wasserkocher funktionierte, was später zu rechtlichen Auseinandersetzungen führte.

Gustav Binswanger und Hugo Hirst, die 1886 in London das Vorgängerunternehmen der späteren General Electric Company Ltd. gründeten, stellten 1892 einen Wasserkocher vor, bei dem der Heizdraht zementiert war.

Im gleichen Jahr patentierte Miller & Woods einen Wasserkocher, der über eine Glühbirne beheizt wird. Der Lampen-Wasserkocher wird zunächst von der Edison & Swan United Electric Light Company, London, gefertigt, ab 1894 dann von Mappin & Webb.

Im Juli 1892 wird die Elektrische Ausstellung im Crystal Palast in London  zu einem Schaulaufen der bis dahin entwickelten Heiz- und Kochapparate. Hier präsentierte auch der britische Elektrotechniker Saint George (William) Lane Fox-Pitt einen ersten elektrischen Kocher, der wiederum auf dem europäischen Festland Beachtung fand.

Eine ausführliche Übersicht zur Entwicklung elektrischer Wasserkocher (vor allem aus britischer Sicht) bietet die Website „Old Electric Kettle.

Erste Wasserkochapparate auf der Internationalen Elektrischen Ausstellung Wien

Erst mit der 3. Internationalen elektrischen Ausstellung 1883 in Wien, auf der ebenfalls mehrere elektrisch beheizbare Einrichtungen gezeigt wurden, stieg das Interesse an Wasserkochapparaten, wenngleich die Ernsthaftigkeit zunächst noch abgesprochen wurde. So bezeichnete Prof. Dr. Gustav Hofmann in seinem Bericht über die Internationale Elektrische Ausstellung in Wien den elektrische Kochapparat und den elektrischen Samowar von Max Jüllig als „Kuriosa“ (Quelle: Elektrischen Zeitschrift vom April 1884).

Arthur Wilke schrieb in der „Internationalen Zeitschrift für die elektrotechnische Ausstellung in Wien 1883“: „Die elektrische Küche und die elektrischen Kochapparate erregten in der Ausstellung trotz ihrer naiven Gestaltung allgemeines Interesse“.  Insgesamt, so war in der Zeitschrift „Elektrotechnik und Maschinenbau“ zu lesen, sei die allgemeine Auffassung gewesen, dass derartige Einrichtungen günstigenfalls als Luxusgegenstände zu betrachten seien.

Weltausstellung in Chicago 1883 befeuert die Wasserkocher-Entwicklung

Die Weltausstellung in Chicago 1893 wurde schließlich zu einer Initialzündung der elektrisch ausgestatteten Küche und damit auch zu einem wichtigen Ereignis in der Entwicklung des elektrischen Wasserkochers. Findige Köpfe in den USA, in Kanada, in England und auf dem europäischen Festland tüftelten zu diesen Zeitpunkt an Wärmequellen zum Kochen von Wasser und Speisen.  Für die Technologie des elektrischen Kochens sprachen die hohe Effizienz, die höhere Sicherheit und die deutlich verringerte Geruchsbelästigung. Während mit Holz, Gas- oder Petroleum beheizte Öfen in den Wintermonaten noch den Vorteil hatten, dass sie zugleich den Raum wärmten, war die Abwärme im Sommer eher lästig.

Glühbirne wird zum Wegbereiter des Wasserkochers

In der Theorie hatte die Elektrizität in der Küche viele Vorteile. In der Praxis erwies sich die elektrische Infrastruktur jedoch als Hemmnis: Elektrizität war zur Jahrhundertwende vor allem gewerblichen Zwecken und wohlhabenden, bürgerlichen Haushalten vorbehalten. Letztere nutzten den knappen Strom in erster Linie, um die im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlichen Petroleumleuchten durch elektrische Leuchtkörper zu ersetzen. Zunächst eroberte also die Glühbirne die privaten Haushalte, bevor Bügeleisen, Herd und Wasserkocher folgten.

Im Jahr 1890 besagten die „Vorschriften für die Einrichtung elektrischer Anlagen“, die an das Leitungsnetz des Städtischen Elektrizitätswerkes Hannover angeschlossen werden sollten, dass die Verwendung von Heiz- und Kochapparaten zulässig sei, aber jedes Mal der besonderen Genehmigung des Städtischen Elektrizitätswerkes unterliegen (Quelle: Elektrotechnische Zeitschrift 1890, Heft 41 vom 10. Oktober 1890). Da zur Stromversorgung der ersten elektrischen Geräte meist keine Steckdosen, sondern die Lampenfassung des Lichtstroms genutzt wurden, waren die ersten Wasserkocher mit entsprechenden Anschlüssen ausgestattet.

Historischer Wasserkocher um 1900
Dieser kleine historische Wasserkocher mit einer Leistung von 400 W trägt keine Markenbezeichnung. Der markante, geflochtene Bastgriff mit jeweils einer Kugel am Ende findet sich auch im Wasserkocher-Sortiment von WMF. Der Wasserkocher stammt vermutlich aus der Zeit um 1910.

Lichtstromtarif zu teuer für Wasserkocher

Bei einem Grundpreis von 2 Pfennig/Hektowattstunde Kraftstrom kostete es im Jahr 1898 rund 2,3 Pfennig, um 1 Liter Wasser zu kochen. Da Lichtstrom und Kraftstrom jedoch zu unterschiedlichen Preisen verrechnet wurde, riet das Polytechnische Journal bei Neuinstallation zu zwei getrennten Leitungen. Es hatte sich nämlich gezeigt, dass viele Verbraucher aufgrund der hohen Kosten des Lichtstroms von ca. 8 Pfennig/Hektowattstunde lieber keine elektrischen Geräte an die Lichtleitungen anschließen wollten. (Quelle: Polytechnische Journal 1898, Band 309/Miszelle 4, S. 60)

Glasgow 1910: Mehr elektrische Wasserkocher als andere Elektrogeräte

Nach der Jahrhundertwende fanden vor allem elektrische Töpfe und Wasserkocher Abnehmer. So ist in einem Katalog des Glasgow Electric Department aus dem Jahr 1910 zu lesen, dass elektrische Wasserkocher häufiger verwendet werden als alle anderen elektrischen Kochgeräte. Entsprechend groß sei damals bereits die Auswahl gewesen. [Quelle: Peter Hertzmann, The Wire That Made Cooking Electric)

Wasserkocher als Statussymbol

Dennoch blieben elektrische Wasserkocher zunächst ein Statussymbol wohlhabender Bürgerinnen und Bürger. Die modernen und zugleich zeitlosen Wasserkocher-Designs des Architekten und Industriedesigners Peter Behrens, die von AEG vertrieben wurden, prägten die vornehme Welt der Wasserkocher ab 1910. Für Ottonormalverbraucher standen Wasserkocher zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf dem Wunschzettel. Zwar galt Berlin als Wiege der öffentlichen Energieversorgung in Deutschland, doch waren nach Angaben des Berliner Mietervereins im Jahr 1910 erst 3,5 % der Berliner Wohnungen ans Stromnetz angeschlossen – zu wenig, um der breiten Bevölkerung die Vorzüge elektrischer Wasserkocher zu erschließen.

Historischer Wasserkocher von Metallum
Dieser historische Wasserkocher vom Typ TK von Metallum hat eine Füllmenge von 1 Liter und eine Leistung von 500 W. Seine Form und der charakteristische bastumwickelte Griff mit dem längs verlaufendem Bast in Rot hat große Ähnlichkeit mit den historischen Wasserkochern von AEG.

Elektrische Schnellkocher wirtschaftlicher als Kochplatten

In den folgenden Jahren sollte sich dies ändern: In der Veröffentlichung „Elektrowärmeverwertung als ein Mittel zur Erhöhung des Stromverbrauchs“ beschreibt Robert Kratochwil im Jahr 1927, dass elektrische „Schnellkocher“ in Art eines Wasserkochers mit 1 Liter Füllmenge eine bequeme Ergänzung zum elektrischen Herd seien und in jeden Haushalt gehörten. „Sie sollten vor allem die feuergefährlichen Spiritus- und Petrolkocher ersetzen, denn sie können an jeden Steckkontakt und jede Lampenfassung angeschlossen werden. In einem solchen Schnellkocher kann man z.B. 1 Liter Wasser innerhalb 12 Minuten zum Sieden bringen“, so Kratochwil. Versuche hätten damals ergeben, dass die Schnellkocher mit Füllmengen von 1, 2 und 4 Litern einen mittleren Wirkungsgrad von 84,3 % erzielten. Ihr Vorteil: Nach dem Abschalten des Stroms steige die Temperatur des Wassers nur noch um 1-2 % und bei wenig gefüllten Schnellkochern sinke der Wirkungsgrad nicht so drastisch wie bei wenig gefüllten Töpfen auf elektrischen Kochplatten. Sein Fazit zu den elektrischen Wasserkochern: „Bei Schnellkochern kann also weniger Wärme verschwendet werden, diese arbeiten deshalb wirtschaftlicher als Kochplatten.“ Praktische Faktoren jedoch sprächen eher für die Anwendung der Kochplatten. Vermutlich aus diesen praktischen Gründen konnten sich elektrisch beheizte Töpfe zur Zubereitung von Speisen im Gegensatz zu Wasserkochern nicht etablieren.

Reklamemarke für Wasserkocher von J.C.L. Harms in Hamburg
J.C.L. Harms war ein Geschäft für hochwertige Porzellan- und Haushaltswaren in Hamburg. Mit dieser Reklamemarke aus der Zeit um 1910 warb der Einzelhändler fürs elektrische Kochen.

Erster Hausgeräte-Boom in den 1920er Jahren

Was für eine Veröffentlichung zu Erhöhung des Stromverbrauchs paradox klingt, machte durchaus Sinn: Mit den drei Argumenten Sparsamkeit, Komfort und Sicherheit machte man der Bevölkerung den Umstieg auf elektrische Geräte schmackhaft, wodurch der Stromverbrauch insgesamt gesteigert und die Gewinne der Elektrizitätsunternehmen gesichert werden sollten. So kam es nach dem Ersten Weltkrieg in den 1920er Jahren zu einem regelrechten Boom von Hausgeräten und damit auch von Wasserkochern. Das Ziel der Industrie war es, Ausfälle in der Rüstungsproduktion zu kompensieren und die hoffnungsvollen Ansätze zur Verbreitung elektrischer Haushaltsartikel fortzuführen, die durch den Krieg unterbrochen worden waren. Durch systematische Werbung und eine Vorfinanzierung der Elektrifizierung von Haushalten trugen insbesondere Siemens und AEG zur Verbreitung elektrischer Haushaltsgeräte bei. Beide Unternehmen erwarteten sich aus dem Absatz der Elektrogeräte, aber auch aus dem dafür erforderlichen Ausbau der Netzinfrastruktur erhebliche Umsätze. In Berlin wuchs der Anteil von Haushalten mit elektrischem Strom steil an: 1925 waren bereits 25 %, 1927 50 % und 1933 bereits 75 % der Berliner Haushalte ans Stromnetz angeschlossen. Das Wachstum wurde befeuert, indem die Berliner Elektricitäts-Werke BEW AG allen Werksangehörigen einen Elektroherd und passende Töpfe schenkte und zu Botschaftern der Elektrizität machte.

Historischer Wasserkocher PL 5050 von AEG Union Wien III
Dieser historische Wasserkocher PL 5050 von AEG Union Wien III mit einem bastumwickelten Griff hat eine Leistung von 600 W. Der Wasserkocher stammt vermutlich aus den 1920er Jahren.

Hinzu kam, dass das Buch Der neue Haushalt“ von Erna Meyer in Deutschland reißenden Absatz fand. In ihm propagierte die Volkswirtschaftlerin und Publizistin unter anderem elektrotechnische Geräte von Prometheus, Siemens-Schuckert (Marke Protos) und AEG. Vor allem Bügeleisen, Staubsauger, Heizkissen und Kochapparate/Wasserkocher etablierten sich, wobei letztere zum Ende der 1920er Jahre hin in den USA noch stärker nachgefragt waren als in Deutschland. Als 1932 die Leistung von Wasserkochern von 500 W auf 1.200 W und 1.800 W erhöht wurde, gingen innerhalb eines Jahres 10.000 dieser als „Schnellkocher“ bezeichneten Wasserkocher über die Ladentheke. (Quelle: Die Einführung der Fließbandarbeit in Deutschland bis 1933)

Historischer Protherm / Schulte-Ufer Wasserkocher
Der Wasserkocher Protherm 471 wurde vom Haushaltsgerätehersteller Schulte-Ufer aus Sundern im Sauerland produziert. Er hat eine Leistung von 600 W.

Wasserkocher in Kanada

Etwas später erblühte in Kanada der Erfinder- und Design-Geist in puncto Wasserkocher: Bis heute legendär ist der kuppelförmige, glänzende Wasserkocher „K42“, der 1940 von dem Industriedesigner Fred Moffat für die Firma Canadian General Electric in Ontario entworfen wurde. Der Legende nach basiert die Idee für diesen Wasserkocher auf einem recycelten Autoscheinwerfer, der zu Kriegszeiten notgedrungen als Kochtopf für Wasser umfunktioniert worden war. Um Verbrennungen der Hand am Wasserkessel zu vermeiden, war der K42 mit einem erhabenen Bakelit-Griff ausgestattet. Das markante Äußere des K42 war weltweit prägend für die Designgeschichte. Aber auch die Art der Produktion war bahnbrechend: Statt jeden Kessel von Grund auf neu zu fertigen, nutzte man beim K42 eine vorhandene Form als Werkzeug, wodurch eine kostengünstige Massenproduktion des Wasserkochers möglich wurde. In den 1940er, 1950er und 1960er Jahren wurde der K42 zu einem festen Bestandteil kanadischer Haushalte. Eine alte Fotoaufnahme zeigt die damalige Produktion der Kessel in der Fabrik von General Electric.

K1 von Russell Hobbs: Der erster Wasserkocher mit Kochstopp

Legendär ist auch der Wasserkocher K1 der Briten William Russell und Peter Hobbs aus dem Jahr 1955. Erstmals war ein Wasserkocher mit einem automatischen Kochstopp ausgestattet, so dass der Kochvorgang nicht permanent überwacht werden musste. Hierfür nutzen Russell und Hobbs einen Bimetall-Schalter, der aktiviert wurde, sobald heißer Dampf vorbeiströmt. Die Technologie wird bis heute in Wasserkochern eingesetzt. 1960 wurde der K1 von Russell Hobbs durch den sowohl technisch als auch im Design verbesserten K2 abgelöst. Dieser war mit austauschbaren Sicherungen und einem federbelasteten Auswerfer ausgestattet. Ähnlich wie der K42 in Kanada erlangte der K2 in Großbritannien den Status einer Wasserkocher-Ikone.

Wirtschaftswunder ermöglicht Wasserkocher für alle

Mit dem Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg und mit der Massenfertigung von Haushaltsgeräten setzen sich elektrisch betriebene Küchengeräte wie elektrische Wasserkocher, Herde und Kühlschränke schließlich in der Breite der Bevölkerung durch.

Historischer Cloer Wasserkocher
Die für ihre Waffeleisen bekannte Caspar Cloer GmbH & Co. KG aus Arnsberg-Neheim im Sauerland produziert seit den 1940er Jahren auch Wasserkocher. Hier im Bild der mittlere der „drei Brüder“ aus der ersten Cloer Wasserkocher-Generation.

 

Wasserkocher-Pioniere

George B. Simpson: Platinspulen zur Wärmeerzeugung

Im Jahr 1859 wurde dem Amerikaner George B. Simpson das US-Patent Nr. 25532 für seinen „Improved Electrical Heating Apparatus“ zuerkannt. Hierbei handelte es sich um eine elektrische Widerstandsheizung, bei der eine Platindrahtwendel in Specksteinnuten erhitzt wurde. Nach Ansicht von Simpson war die Erfindung nützlich um „Räume zu erwärmen, Wasser zu kochen, Lebensmittel zu kochen, …“.

Patentanmeldung Elektrischer Heizapparat Simpson
Der elektrische Heizapparat von Simpson gilt als wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu elektrischen Heiz- und Kochgeräten.
Quelle: Simpson, George B. (1869) Improved Electrical Heating Apparatus (US 25532), United States Patent Office https://worldwide.espacenet.com/patent/search/family/ 002094465/publication/US25532A?q=Simpson%20Washington%20water% 20heating%201859

Thomas Ahearn: Elektrischer Ofen

Der Kanadier Thomas Ahearn, einer der Eigentümer der Firma Chaudiere Electric Light and Power Company in Ottawa erhielt 1892 das Patent für einen „Electric Oven“ (Patent-Nr. CA 39916) zur Zubereitung von Mahlzeiten. Der Elektroherd wurde 1893 auf der Columbia-Weltausstellung in Chicago in einer elektrifizierten Modellküche präsentiert.

Patentanmeldung Elektrischer Ofen Ahearn
Ottawa wurde sehr früh zu einer Schwerpunktregion der Elektrizität. Der elektrische Ofen des Kanadiers Thomas Ahearn fand auch in Europa Beachtung.
Quelle: Ahearn, Thomas (1892) Electric Oven (CA39916), Department of Agriculture, Patent Branch
https://worldwide.espacenet.com/patent/search/family/ 045156456/publication/CA39916A?q=Ahearn% 20electric%20oven

Saint George (William) Lane Fox-Pitt: Elektrischer Kocher

Der britische Elektrotechniker St. George Lane Fox-Pitt zeigte 1882 auf der Elektrischen Ausstellung im Crystall-Palast in London ein elektrisches Gerät zum Kochen. Es bestand aus einer in Gips eingeschlossenen zylindrischen Röhre, die eine Spule von Neusilber-Draht enthielt, welche vom Strom erwärmt wurde. Mit dem Apparat gelang es, Eier zu kochen und Kaffee zuzubereiten. Es dauerte rund 10 bis 15 Minuten, um mit dem Gerät einen halben Liter Wasser zum Kochen zu bringen.

Max Jüllig: Koch- und Heizapparat

Einer der Vorreiter in Österreich war der Elektrotechnik-Ingenieur Max Jüllig, der im Jahr 1883 auf der Internationalen Elektrischen Ausstellung in Wien Studien zu einfachen, elektrischen „Koch- und Heizapparaten“ präsentierte. Er nutzte hierfür Heizplatten mit Platindrähten. Die Zeitschrift für Elektrotechnik, herausgegeben vom Elektrotechnischen Verein in Wien berichtete im Jahr 1886 darüber.

Friedrich Wilhelm Schindler-Jenny: Wasserkocher der Marke Elektra

Dem aus dem Schweizer Kanton Glarus stammende Friedrich Wilhelm Schindler-Jenny, der in der Baumwollspinnerei seiner Eltern im österreichischen Kennelbach (Vorarlberg) bereits früh die Vorteile des elektrischen Stroms zu nutzen wusste, gelang 1893 auf der Columbia-Weltausstellung in Chicago mit der Präsentation der Elektrischen Küche ein weltweit beachteter Paukenschlag. Die unter anderem mit elektrischem Herd, elektrischem Backofen und einem elektrischen Wasserkocher ausgestattete Küche wurde damals mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.

Seit seinem Besuch auf der der Internationalen Elektrizitätsausstellung Paris im Jahr 1881 war Schindler-Jenny von den Möglichkeiten der Elektrizität begeistert. In den Folgejahren experimentierte er an elektrischen Kochapparaten. Zahlreiche Versuche scheiterten, weil die entstehende Wärme nicht schnell genug abgeführt werden konnte und die Heizdrähte verzunderten oder durchbrannten. 1888 gelang es, die Lebensdauer der Heizdrähte auf 10 Minuten zu steigern, indem er diese in Sand bettete. Bald darauf gelang ihm der Durchbruch, indem er feuerfesten Ton (Schamotte) zur Wärmeableitung nutze. 1891 meldete Schindler-Jenny in Österreich und der Schweiz ein Patent für „Elektrische Heizkörper für Koch- und Heizapparate“ an (Patent-Nr. CH4180A), den er in den Folgejahren weiter verbesserte.

Patentanmeldung Heiz- und Kochapparat Schindler-Jenny
Der elektrische Heizkörper für Koch- und Heizapparate von Schindler-Jenny wurde im Jahr 1891 patentiert.
Quelle: Schindler-Jenny, Friedrich Wilhelm (1891) Elektrischer Heizkörper für Koch- und Heizapparate (CH4180A), Eidgenössisches Amt für geistiges Eigentum
https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=CH000000004180A&xxxfull=1

Ab 1890 stattete Schindler-Jenny die Villa Grünau in Kennelbach, in deren Keller er seine elektrischen Experimente durchführte, mit unterschiedlichsten elektrischen Geräten aus. In der Bevölkerung des Vorarlbergs war Villa Grünau auch als „Elektrisches Haus“ bekannt.

Villa Grünau in Kennelbach
Die Bevölkerung nannte die Villa Grünau von Friedrich-Wilhelm Schindler in Kennelbach bei Bregenz das “Elektrische Haus”. Heute ist in dem schmucken Gebäude mit Parkanlage das Gemeindeamt Kennelbach untergebracht. Der einstige Inhaber wird in der Anschrift gewürdigt: Friedrich-Schindler-Straße 1.

Für seinen elektrischen Wasserkocher nutze Schindler-Jenny anstelle einer Metallabdeckung einen Metallüberzug, der durch Umgießen des Isolierkörpers mit geschmolzenem Metall entsteht. Der feste Überzug hatte zwei Vorteile: Die Wärme wurde unmittelbar auf den Metallüberzug übertragen und es entstand ein luft- und wasserdichter Abschluss, so dass auch unedle Metalle ohne die Gefahr einer Oxidation verwendet werden konnten.

1898 erwarb F.-W. Schindler-Jenny die Firma Grimm & Co in Wädenswil bei Zürich und fusionierte sie mit der Firma Elektra des Wiener Ingenieurs Emil Siegmund. Hauptsitz des neuen Unternehmens Elektra wurde Bregenz am Bodensee, von wo aus zügig ein internationaler Vertrieb aufgebaut wurde. Schon bald verfügte Elektra über ein Produktprogramm mit mehr als 2.000 unterschiedlichen Artikeln. Neben Wasserkochern, Kaffeemaschinen, Bügeleisen und Fußwärmern nutze Schindler-Jenny die Technologie der Elektrowärme unter anderem auch in Sterilisationsapparaten und Laborwärmeschränken.

Historischer Wasserkocher von Elektra Bregenz
Dieser historische Wasserkocher mit gedrechseltem Holzgriff und einer Leistung von 500 W wurde von Elektra Bregenz gefertigt. Er stammt vermutlich aus der Zeit um 1910.

Im Jahr 1899 ließ Schindler-Jenny eine „Selbstthätige Stromausschaltvorrichtung an elektrischen Kochapparaten“ (Patent Nr. CH18266/351) patentieren, heute bekannt als Trockengehschutz. Unter dem Aspekt Sicherheit wurde der Trockengehschutz zu einem elementaren Bestandteil von Wasserkochern bis in die Gegenwart. Die Einrichtung verhindert eine Überhitzung und in der Folge einen Brand, falls der Wasserkocher leer betrieben wird.

Patentanmeldung Stromausschaltvorrichtung Schindler-Jenny
Mit der „Selbstthätigen Stromausschaltvorrichtung an elektrischen Kochapparaten“ erfand Schindler-Jenny 1899 den ersten Trockengehschutz für Wasserkocher. Auch bei modernen Wasserkochern zählt eine automatische Abschaltung bei Überhitzung zu den wichtigen Sicherheitsmerkmalen.
Quelle: Schindler-Jenny, Friedrich Wilhelm (1899) Selbstthätige Stromausschaltvorrichtung an elektrischen Kochapparaten (CH18266A/351), Eidgenössisches Amt für geistiges Eigentum
https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=CH000000000351E&xxxfull=1

Hugo Helberger: Elektrische Koch- und Heizapparate System Helberger

1893, also im Jahr der Weltausstellung in Chicago, gründete Hugo Helberger in Thalkirchen bei München die „Erste Spezialfabrik für Heiz- und Kochapparate“. 1894 meldete Helberger eine von ihm entwickelte „Isolirung der Hitzdrähte bei elektrischen Heizvorrichtungen“ zum Patent an (DRP Nr. 83273), die später in Bügeleisen und Wasserkocher zum Einsatz kam. 1895 folgte in der Schweiz das Patent „Heizdraht für elektrische Heizapparate“, bei dem bereits zwei Helberger Wasserkocher in Form einer technischen Zeichnung abgebildet waren (Patent Nr. CH11058A).

Patentanmeldung Heizdraht Helberger
1895 ließ Hugo Helberger einen Heizdraht für elektrische Heizapparate patentieren. In der Patentschrift waren bereits zwei Wasserkocher abgebildet.
Quelle: Helberger, Hugo (1895) Heizdraht für elektrische Heizapparate (CH11058A), Eidgenössisches Amt für geistiges Eigentum
https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=CH000000011058A&xxxfull=1

1898 berichtete das Polytechnische Journal in Band 309/Miszelle 4 von der Fabrik Hugo Helberger in Thalkirchen bei München, die zu diesem Zeitpunkt unter anderem einen elektrischen Heizapparat zur Erhitzung von Wasser bis zur Siedetemperatur produzierte. Als Wärmequelle nutzte das Unternehmen einen Draht aus Nickellegierung, auf den zur Isolation dünnwandige Perlen aus Glas aufgereiht waren. Der Draht wurde auf den Boden des Kochgefäßes gelegt und mit Tonmasse luftdicht verkittet, so dass er nicht oxidieren kann. Durch die dünnen Wände der Perlen werde die Wärme schnell abgegeben, so dass die Drähte nicht viel wärmer würden als das zu kochende Wasser, so war im Polytechnischen Journal zu lesen.

Auf Reklame-Briefmarken, die aus der Zeit von 1900 bis 1918 stammen, wird das System Helberger, das in unterschiedlichen elektrischen Heiz- und Kochapparaten wie Wasserkochern, Bügeleisen und elektrischen Töpfen zum Einsatz kam, als „ältestes bestbewährtes Fabrikat für den Dauerbetrieb“ bezeichnet.

Reklamemarke für Heiz- und Kochapparate System Helberger
Das System Helberger galt im Dauerbetrieb als besonders zuverlässig. Mit dieser Reklamemarke warb Helberger für elektrische Wasserkocher und Bügeleisen.

Heinrich Voigt: Wasserkocher der Marke Prometheus

Heinrich Voigt war ein glühender Verfechter der Elektrizität als Wärmequelle. 1899 veröffentlichte er die Publikation „Kochen und Heizen mittels des elektrischen Stromes“. In seiner „Chemisch-elektrischen Fabrik“ in Bockenheim bei Frankfurt produzierte er unter der Marke „Prometheus“ hochwertige Haushaltsgeräte.

Die Besonderheit: Als Heizquelle kamen in dem von Heinrich Voigt erfundenen „Prometheus“-System anstelle eines Heizdrahtes dünne, ringförmige Edelmetallschichten aus Platin zum Einsatz. Das Verfahren wurde 1895 unter der Bezeichnung „Edelmetallwiderstände auf emailliertem Eisen“ Patent angemeldet (DRP Nr. 85262). Vergleichbar mit den dekorativen Edelmetallschichten aus Keramik wurden beim Prometheus-System Metalllösungen auf Glimmerplatten oder anderen Untergründen aufgetragen. Im Falle der Wasserkocher wurde das metallische Gefäß zunächst mit einer dünnen Emaille-Schicht überzogen, in die dann die Edelmetallschichten eingebrannt wurden. Es folgte eine zweite Emaille-Schicht, eine dünne, nach außen isolierende Luftschicht und schließlich eine Schutzhülle aus Nickel oder emailliertem Metall. Die entstehende Wärme konnte damit direkt an das Emaille und von dort an den Eisenkörper und das zu erwärmende Wasser abgegeben werden, was sich als äußerst effizient erwies. Die Wasserkocher erzielten einen Wirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent, was ausgesprochen hoch war. Nach außen hin erwärmten sich die Prometheus Wasserkocher hingegen kaum.

Prometheus Wasserkocher wurden bei der VDN Vereinigten Deutschen Nickel-Werke AG (bis 1902  „Westfälisches Nickelwalzwerk Fleitmann, Witte & Co.) in Schwerte produziert. Deren Firmengründer Theodor Fleitmann gilt weltweit als Pionier im Bereich der Nickelverarbeitung.

Der Ingenieur Emil Sinell vertrat die Marke Prometheus im elektrizitätsbegeisterten Berlin. Ihm gelang es in der von Männern dominierten Welt der Technik, den bis dahin belächelten elektrischen Heiz- und Kochapparaten das verdiente Gehör zu verschaffen. 1892 und 1898 hielt er in der Loge der Royal York zur Freundschaft in Berlin jeweils einen Vortrag über das Heizen und Kochen mit Elektrizität und verhalf der noch jungen Elektrifizierung der Küche auf die Beine. Insbesondere seine wissenschaftlichen Studien zur Elektrowärme fanden lange Zeit Beachtung.

Prometheus Wasserkocher produziert von Fleitmann Witte
Dieser Wasserkocher wurde von den Vereinigten Deutschen Nickelwerken VDN in Schwerte produziert. Um das Wasser zu erhitzen, kommt vermutlich das Prometheus-System von Heinrich Voigt zum Einsatz.
Punze F.W. & J. im Boden des Wasserkochers
Neben technischen Angaben ist auf dem Boden des Wasserkochers die Punze F. W. & J. mit zwei gekreuzten Pfeilen zu erkennen. Diese Punze wurde vom Westfälisches Nickelwalzwerk Fleitmann, Witte & Co. genutzt, das ab 1902 als Vereinigte Deutsche Nickel-Werken VDN fortgeführt wurde.

Gustav Byng und Hugo Hirst: Wasserkocher von GEC (General Electric Company Ltd.)

Gustav Byng (ursprünglich Binswanger) und Hugo Hirst (ursprünglich Hugo Hirsch, seit 1934 Baron Hirst) waren zwei Einwanderer aus Deutschland, die in London Fuß fassten und 1886 die Elektrogerätefabrik „The General Electric Apparatus Company (G. Binswanger)“ gründeten. Aus dem Betrieb wurde 1889 die General Electric Company (GEC), die rund 90 Jahre später, auf dem Höhepunkt ihrer Geschichte, mit über 250.000 Beschäftigen zu Großbritanniens größtem Arbeitgeber werden sollte.

1892 präsentierten Gustav Byng und Hugo Hirst einen Wasserkocher, bei dem der Heizdraht in den Boden des Wasserkochers einzementiert war. 1893 war der erste GEC Wasserkocher marktreif. Zahlreiche Modelle folgten.

1911 ließ Gustav Byng einen elektrischen Heizapparat/Wasserkocher patentieren, bei dem das Heizelement im Boden ausgetauscht und somit erneuert werden konnte.

In den 1950er Jahren schuf GEC mit dem „Superspeed Kettle“ einen Wasserkocher, der vorzügliche technische Eigenschaften mit anspruchsvollem Design verband. Der Superspeed Kettle war mit einem Trockengehschutz ausgestattet und kochte 1 Pint (0,5683 Liter) in 2 Minuten und 3 Pint (1,7049 Liter) in 5 ½ Minuten.

Patentanmeldung Heizelement Byng
Bild: Besonders reparaturfreundlich war dieses Patent von Gustav Byng: Das Heizelement war so konstruiert, dass es einfach ausgetauscht werden konnte.
Quelle: Byng, Gustav/Archer, Charles Herbert (1911) Improvements in Electrical Heating Apparatus (GB191128779A), Her Majesty’s Stationery Office / Intellectual Property Office
https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?window=1&space=menu&content=treffer&action= pdf&docid=GB000191128779A&Cl=null&Bi=null& Ab=null&De=null&Dr=null&Pts=null&Pa=null& We=null&Sr=null&Eam=null&Cor=0&Aa=0&so= asc&sf=vn&firstdoc=5&NrFaxPages=0&pdfpage= 1&xxxfull=1

Arthur Leslie Large: Wasserkocher von Swan mit Eintauch-Heizelement

Ein Durchbruch in Sachen Effizienz gelang dem Ingenieur Arthur Leslie Large bei der Firma Bulpitt & Sons aus Birmingham im Jahr 1922. Er erfand ein Heizelement, das mit einem Metallrohr ummantelt war und unmittelbar ins Wasser eingetaucht werden konnte (Patent GB197982A). Da die Wärme bei dieser Lösung direkt ans Wasser abgegeben wird, sank der Stromverbrauch des Wasserkochers. In der Folge kamen unter der Marke Swan sehr effiziente Wasserkocher auf den Markt, die 2,8 Liter Wasser in 9 Minuten zum Kochen brachten. Rund um das patentierte Immersions-Heizelement entwickelte Bulpitt & Sons weitere Produkte wie Kaffeemaschinen oder Dampfgarer. 1926 ließ Arthur Leslie Large zusätzlich einen Trockengehschutz als Sicherheitselement für Wasserkocher patentieren, der mit dem Eintauch-Heizelement kombiniert werden konnte. Während des Zweiten Weltkriegs kam 1939 ein erster Swan Glas-Wasserkocher auf den Markt, bei dem ebenfalls das Heizelement von Large eingesetzt wurde.

Wasserkocher und Haushaltsgeräte der Marke Swan standen über Jahrzehnte für solide, britische Qualität und wurden Teil vieler Haushalte in Großbritannien. Sie wurden bis 2006 in der Camden Street in Birmingham produziert. Ab 1970 war die Marke Swan im Besitz von Birmingham Sound Reproducers BSR, ab 1988 im Besitz des französischen Küchen- und Haushaltsgeräteherstellers Moulinex. Heute wird die Marke Swan von ehemaligen Swan-Mitarbeitern weitergeführt, die sich leidenschaftlich für das Erbe der Marke einsetzen.

Patentanmeldung Immersions-Heizelement Large
Bild: Das von Arthur Leslie Large patentierte Immersions-Heizelement wurde in Swan Wasserkochern und anderen Haushaltsgeräten eingesetzt.
Quelle: Large, Arthur Leslie (1922) Electrical Heated Kettle or other Liquid Containing Receptacle (GB197982A), Her Majesty’s Stationery Office / Intellectual Property Office, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=GB000000197982A&xxxfull=1

AEG / Peter Behrens

Bei AEG hatte man die Potenziale der Elektrowärme bereits früh erkannt. So richtete die „Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Elektricität“ (DEG), die 1887 in „Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft“ (AEG) umbenannt wurde, im Jahr 1883 in Berlin eine Ausstellung von Heiz- und Kochapparaten der Londoner Crompton Company ein. 1887 patentierte AEG erstmals einen Schnellkocher. In den Folgejahren erweiterte AEG das Programm systematisch. So wurden in der Preisliste von 1898 insgesamt 80 elektrische Heiz- und Kochapparate angeboten, darunter elektrische Wasserkocher, Teekessel, Eierkocher, Tellerwärmer, aber auch elektrische Schminkewärmer oder Pfeifenanzünder.

Im Jahr 1911 verlegt AEG die Produktion von Heizapparaten, Zimmeröfen und Wasserkochern in eine neue Fabrik in Henningsdorf. 1921 kam es erneut zu einer Umstrukturierung und die Produktion der Heiz- und Kochapparate wurde aus Hennigsdorf in die AEG-Fabrik für Elektrobeheizung GmbH nach Nürnberg verlagert.

Bequem, sparsam, sicher

Dass der kommunikative Focus zunächst auf der im Vergleich zu Holz- und Gasöfen höheren Sicherheit elektrischer Kocher lag, unterstreicht die Präsentation eines elektrischen Wasserkochers auf der „Deutschen Allgemeinen Ausstellung für Unfallverhütung im Jahr 1889“. Auch die Produktkommunikation für Wasserkocher thematisierte neben der Bequemlichkeit und dem geringen Energieverbrauch vor allem die Sicherheit der Wasserkocher. So könnten die Wasserkocher durch die Vermeidung einer offenen Flamme auch in Schlaf- und Kinderstuben, Krankenzimmern und Laboratorien wertvolle Dienste leisten.

Design-Ikonen von Peter Behrens

AEG erkannte, dass Elektrogeräte für Verbraucher neben technischen Aspekten auch gestalterische Aspekte berücksichtigen mussten. 1907 leistete sich AEG mit dem Architekten und Designer Peter Behrens einen künstlerischen Berater, der Produkten, Grafiken, Werbemittel und Gebäuden ein unverwechselbares Design gab.

Briefmarke und Ersttagsstempel_Peter_Behrens
Zum 150. Geburtstag des Architekten und Designers Peter Behrens hatte die Deutsche Post 2018 eine Briefmarke herausgegeben.
Ersttagsbrief_Peter_Behrens
Der Ersttagsbrief anlässlich des 150. Geburtstags von Peter Behrens zeigt einen von ihm entworfenen elektrischen Wasserkocher von AEG.

Die in ihrer Formensprache aufs Wesentliche reduzierten AEG Wasserkocher (rund, achteckig und zylindrisch) wurde für die Designergenerationen zu gefeierten Beispielen gelungenen Industriedesigns. Sie wurden von 1907 bis 1932 in unveränderter Form produziert, wahlweise mit glatter, matter oder gehämmerter Oberfläche und einer Füllmenge von 0,75 l, 1,25 l oder 1,75 l. Insgesamt kamen 33 Varianten in den Verkauf. Als Heizelement diente ein länglicher Heizstab. Sowohl die Kabel als auch die Heizelemente konnten ausgetauscht werden, was zum einen für eine effiziente Produktion und zugleich für eine hohe Nachhaltigkeit sorgte. Einen wunderbaren Überblick bietet die Broschüre „Gestalten, produzieren, sammeln – Peter Behrens und die AEG im Archiv der Avantgarden“.

AEG Perkolator/Wasserkocher zur Kaffeezubereitung
Dieser elektrische Perkolator/Wasserkocher von AEG zur Zubereitung von Kaffee trägt die Handschrift von Peter Behrens. Er hat eine Leistung von 550 W und wurde um 1910 entworfen.

Siemens-Schuckert

Siemens-Schuckert begann im Jahr 1905 mit der Produktion von elektrischen Staubsaugern und baute 1913 mit elektrischen Bügeleisen, Kochplatten, Heizöfen und Wasserkochern eine eigene Hausgerätesparte auf. Dabei ist auffällig, dass elektrische Wasserkocher bereits 1913 angeboten wurden, Kochherde, Kühlschränke und Waschmaschinen aber erst in den Jahren 1926 bis 1928 hinzukamen. Aus Kostengründen wurde die Produktion von Siemens Wasserkochern im Jahr 1922/23 zur Siemens-Elektrowärme GmbH nach Sörnewitz bei Meißen verlegt. Seit 1925 wurden die direkt beheizten Siemens-Schuckert Wasserkocher besonders effizient in Fließarbeit produziert. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bauten seither die Wasserkocher nicht mehr komplett zusammen, sondern vollzogen nur noch Teilschritte, was wesentlich effizienter war. Im gleichen Jahr führte Siemens für alle Elektrohaushaltsgeräte den Markennamen „Protos“ ein und positionierte sich damit gegen die Marke „Prometheus“ von Heinrich Voigt (s.o.).

 


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Johannes

Johannes

Johannes Grotz | Fresher Ü50, der jahrelang von einem kleckernden Wasserkocher genervt wurde, ihn aber nicht einfach wegwerfen wollte. Enttäuscht von nichtssagender Werbung, verbraucherfernen Produkttests, Tralala-Produktpräsentationen und einer ausufernden Bestell-5-schick-4-zurück-Mentalität habe ich die Vision, dass authentische und praxisnahe Produktvergleiche auch online möglich sind. Und dass Qualität und Langlebigkeit neu entdeckt werden wollen.

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